Sylvia Henrich
11. September bis 16. Oktober, 2010
Eröffnung
Freitag, 10. September, 19-22Uhr
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Sylvia Henrichs konzeptionelle Foto-Arbeiten thematisieren die Begegnung von Natur und Kultur. Oft setzt sie eigene Fotografien in Beziehung zu historischen oder zeitgenössischen Bildern bzw. Informationsmaterial aus dem Internet und den Printmedien. Je nach Ausstellungssituation variiert Henrich dabei Anordnungen und Zusammensetzungen. So entstehen immer wieder neue assoziative Gefüge, die sich unterschiedlicher visueller und kognitiver Codes bedienen.
In der Ausstellung im berg19 kombiniert Henrich beispielsweise ein Diptychon der Millionenmetropole Los Angeles mit einem Zeitungsbild von 1928, das aus der Distanz den Ingenieur William Mulholland auf der St. Francis Talsperre zeigt, nur Stunden bevor diese brach. Zwar beendete die Katastrophe seine Karriere, konnte das rasante Wachstum der Stadt aber nicht mehr aufhalten, das durch Mulhollands Wasserversorgungssysteme erst möglich geworden war.
Natur und Kultur bewegen sich in einem prekären Gleichgewicht. Auch Henrichs Diptychon mit heutigem Blick auf die Stadt scheint dies anzudeuten. Von einem Standpunkt südlich des Mulholland Drive aus fotografiert, zeigen die beiden leicht voneinander abweichenden Aufnahmen jeweils im Vordergrund einen eingetretenen Pfad in den Hollywood Hills. Im flachen Tal erstreckt sich das bläulich schimmernde Häusermeer um sich alsbald im Smogdunst zu verlieren. Man fühlt sich an stereoskopische Bilder erinnert, die eine Illusion von räumlicher Tiefe erzeugen sollen. Zugleich wird die Suche nach dem "perfekten", unverstellten Aussichtspunkt thematisiert, jedoch nicht eingelöst. Das Abgebildete deckt sich zu wenig mit unserem bildlichen Gedächtnis dieser so endlos oft abgelichteten und medial reproduzierten Stadt.
Ergänzt wird diese Anordnung durch ein Bild, das einen felsigen Hügel mit wehender amerikanischer Flagge zeigt. Die nächtliche Szene ist eigenartig beleuchtet und wirkt fast modellhaft. Das Abstecken oder die Inbesitznahme von Land wird angedeutet, aber vielleicht ist alles auch nur ein Spiel.
Henrichs Arbeiten sind Versuchsanordnungen, die unterschiedliche Assoziationsmöglichkeiten und Verknüpfungen bieten. Ihre Recherchen bedienen sich journalistischer und wissenschaftlicher Methodik, die den Arbeiten Autorität verleiht, diese aber gleichzeitig hinterfragt. Dennoch lassen sich keine klaren Aussagen oder Erkenntnisse ableiten. Henrich beobachtet, vergleicht und erwägt. Die von ihr referenzierte Welt unterliegt stetigem Wandel, erscheint mal alltäglich, mal seltsam verschoben, fast ominös, und manchmal dem Abgrund gefährlich nah.
Text: Petra Karadimas
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